Was machen Sie anders als andere Atlantissucher?
Die meisten Atlantissucher haben nicht genügend Bildung, um das Thema zu
bearbeiten. Sie ignorieren die Aussagen der Wissenschaft über Platons
Atlantis ganz einfach. Sie verstehen gar nicht, wie antike Philosophie,
Philologie und Geschichtswissenschaft wirklich funktionieren. Sie bevorzugen
die Naturwissenschaften und vernachlässigen die Geisteswissenschaften. Ihre Thesen
liegen deshalb völlig quer zur allgemein akzeptierten Historie und sind
pseudo-wissenschaftlich.
Mein Ansatz ist es zu zeigen,
dass die Wissenschaften das Atlantis des Platon auf der Grundlage ihrer eigenen
Methoden (wie z.B. Philologie und historisch-kritischer Methode) als einen realen Ort akzeptieren könnten. Manche wissenschaftliche
Aussage zu Platons Atlantis ist widerlegbar. Viele wissenschaftliche Aussagen
sind durchaus richtig, sprechen aber nicht gegen die Existenz von Atlantis,
sondern können uns vielmehr helfen, den realen Ort aufzufinden! Dieser wird
sich dann relativ unspektakulär in den bekannten Verlauf der Geschichte
einordnen – gewiss kein "verlorener Kontinent" und keine "Mega-City" und
auch nicht 10000 Jahre alt.
Was ist so faszinierend an Atlantis?
Es gibt sicher verschiedene Gründe, warum sich Menschen von Atlantis
faszinieren lassen. Für mich ist es die Erkenntnis, dass die Wissenschaft das
Thema Atlantis nicht ernst genommen und links liegen gelassen hat. Deshalb
ist es möglich, als interessierter und gebildeter Hobby-Forscher tatsächlich
ernst zu nehmende Beiträge zur Atlantis-Forschung zu liefern. Außerdem ist Platon ein genialer Denker, und es ist spannend, seine Gedanken nachzuvollziehen.
Glauben Sie an Atlantis?
Zunächst ist das Wort "glauben" völlig fehl am Platze, wenn es um Atlantis
geht. Entweder man weiß etwas, oder man weiß, dass man etwas nicht
weiß. Oder man ist aufgrund von vernünftigen Argumenten "überzeugt". Aber
"glauben" sollte man im Zusammenhang mit Atlantis besser gar nichts. Und auch
sonst am besten nicht. "Glaube" ist eine prinzipiell irregeleitete Erkenntniskategorie.
Ist Atlantis für Sie eine offene Frage?
Grundsätzlich ja. Bislang hat noch niemand eine wirklich überzeugende Lösung des Problems vorlegen können. Alle vorgeschlagenen Interpretationen haben ihre Fehler. Die Erfindungshypothesen sind zwar meistens niveauvoller, aber auch sie leiden unter gravierenden Mängeln.
Wollen Sie Atlantis finden?
Gefunden werden muss nicht unbedingt Atlantis als ein realer Ort, sondern die richtige Interpretation für Platons Atlantis; das schließt Atlantis als einen realen Ort aber nicht aus. Die Suche bleibt spannend. Ich selbst neigte von Anfang an einer Existenz von Atlantis zu, bin aber erst seit 2008 von ihr überzeugt.
Sind Sie ein Wissenschaftler?
Mit einem Diplom in Informatik von der renommierten Universität Karlsruhe
(heute KIT) ist mir die wissenschaftliche Welt nicht fremd,
aber ich bin weder "Dr." noch "PhD"
und habe auch keinen Abschluss in Fächern mit Atlantis-Bezug
wie z.B. Griechische Philologie oder Antike Geschichte.
Ich verstehe mich als Liebhaber des
Atlantis-Themas im besten Sinne, der über einen breiten Bildungshintergrund,
teils sehr gute Kenntnisse der lateinischen, altgriechischen und mittelägyptischen Sprache (Hieroglyphen), und teils sehr gute Kenntnisse in vier modernen Sprachen verfügt. Dadurch, durch viele Jahre intensiver Lektüre der wissenschaftlichen Literatur in den verschiedensten Sprachen, und durch langjähriges Nachdenken und Schreiben über Atlantis bin ich in der Lage, auf wissenschaftlichem Niveau zu arbeiten.
Halten Sie es für möglich, dass Atlantis ein
Kleinkontinent war, der um 9500 v.Chr. im Atlantik existierte, wie Platon schreibt?
Definitiv nein. Bei Lage, Alter und Größe von Atlantis handelt es sich entweder um
eine Erfindung von Platon oder um eine verzerrte Überlieferung realer
Tatsachen. Eine solche Verzerrung erscheint dem Laien vielleicht zunächst wenig
glaubwürdig, ist aber alles andere als unplausibel, vergleicht man die Entstellungen historischer Sachverhalte bei anderen antiken Autoren.
Halten Sie es für möglich, dass es auf Atlantis
Energiekristalle, Flugmaschinen und Reinkarnation gab, und dass es neben
Atlantis auch noch die Kontinente Mu und Lemuria gab?
Nein. Das alles sind verrückte Hinzudichtungen späterer Zeiten, die mit dem
originalen, von Platon
beschriebenen Atlantis nichts mehr zu tun haben. Platons Atlantis sollte man sich
konkret als eine normale bronzezeitliche Stadt vorstellen, vielleicht ähnlich wie Troja.
Warum knüpfen Sie an die Seevölker-Theorie von Jürgen Spanuth
an?
Das ist unzutreffend. Die Seevölker-These stammt nicht von Jürgen Spanuth, sondern von Wilhelm
Christ aus dem Jahr 1886. Jürgen Spanuth hat lediglich zu deren
Popularisierung beigetragen. Außerdem meine ich nicht, dass die Seevölker
aus Europas Norden stammten, sondern aus dem Mittelmeerraum.
Wissen Sie, was ein "Platonischer Mythos" ist?
Selbstverständlich, denn Atlantis gilt als "Platonischer Mythos". Aber mit einem unzureichend definierten Begriff lässt sich wenig zeigen, vielmehr fordert die Atlantiserzählung dazu heraus, den Begriff des "Platonischen Mythos" genauer zu definieren. Die entscheidende Erkenntnis im Zusammenhang mit dem unzureichenden Begriff "Platonischer Mythos" lautet, dass ein "Platonischer Mythos" kein Mythos ist.
Was hat Atlantis mit Sizilien zu tun?
Das ist eine der großen Fragen. Sicher hat es auch in irgend einer Weise damit
zu tun, dass Platon auf Sizilien den Versuch unternahm, seine politischen
Theorien in die Tat umzusetzen.
Sie wissen um das unwissenschaftliche Niveau vieler Atlantis-Sucher?
Es ist leider zutreffend, dass fast alle Atlantis-Sucher nicht auf einem
wissenschaftlichen Niveau arbeiten; jeder der will kann sich Atlantisforscher
nennen. Um die Atlantisforschung auf eine vernünftige Grundlage zu stellen,
initiierte ich die Charta der Atlantis-Forschung. Diese Charta erwies sich als Herausforderung für Atlantissucher:
Akzeptieren sie sie? Verstehen sie überhaupt, was sie da angeblich akzeptieren?
Wie verhalten Sie sich zu anderen Atlantis-Suchern?
Es war immer mein Grundsatz, dass in einer freien Welt auch Unsinn eine gewisse
Existenzberechtigung hat, solange es sich nicht um Extremismus handelt. Ebenso
war es immer mein Grundsatz, dass es nichts bringt, Irrtümer durch
Verschweigen zu bekämpfen. Ich bin aber nicht verpflichtet, Unsinn oder
Irrtümer zu respektieren oder auf Kritik zu verzichten. Man muss zwischen
dem Menschen und seinen Irrtümern unterscheiden können; das erwarte ich
auch von der anderen Seite. Eine gewisse Sympathie für Atlantis-Sucher
rührt daher, dass die Wissenschaft alternative Ansätze teils arrogant und
dogmatisch zurück gewiesen hat, aber diese Sympathie schwindet, sobald man
die Ignoranz vieler Atlantissucher bemerkt. Oft sitzt man zwischen den
Stühlen.
Wissen Sie um den Missbrauch von Atlantis durch extreme Ideologien?
Natürlich. Aber die Atlantiserzählung wurde mehr als zwei Jahrtausende vor unserer Zeit verfasst, deshalb ist es unsinnig, diesen Aspekt in den Vordergrund rücken zu wollen. Ein Goethe-Liebhaber muss sich auch nicht ständig der Frage stellen, ob Goethe denn nun – wie lächerlich! – an Auschwitz schuld gewesen sei. Ein "nordisches" Atlantis schließe ich genauso aus wie ein sozialistisches Atlantis. Zumal Atlantis in der Erzählung Platons ohnehin die Rolle des Bösewichtes spielt, da fällt eine positive Identifikation doch eher schwer. Aber auch antidemokratische Fehlinterpretationen von Platons Idealstaat sind abzulehnen.
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